FRIDA

Frida

„Freedom Of Fight“

VÖ-Datum: 16.10.2020

Drei Stimmen, Bass und Schlagzeug – schon auf den ersten Blick wird das Besondere dieses Quintetts offensichtlich. Die ungewöhnliche Besetzung ist aber nur ein charakteristisches Markenzeichen der Band, ein weiteres ist Fridas Repertoire. Couragiert und leichtfüßig, aber niemals leichtfertig lässt es Stil- und Genregrenzen rund um zeitgenössischen Jazz hinter sich. Auf ihrem Debütalbum Freedom of Flight präsentiert Frida intensive Poesie-Vertonungen, individuelle Neudeutungen von Pop-Hits und eigene Kompositionen. Allen gemeinsam ist dieser spezielle, so vielleicht noch nie gehörte Frida-Sound, der Himmel und Erde zu verbinden scheint. Hier die oft glockenklaren, manchmal geradezu schwebenden, dann wieder nachdrücklichen oder lautmalerischen Stimmen. Dort ein knurrig-holziger, zuweilen absichtsvoll rau gestrichener Kontrabass und ein pointiert und dynamisch gespieltes Schlagzeug.
„Da wir kein Harmonieinstrument in der Band haben, klingt die Musik extrem transparent und direkt“, stellt Julia Ehninger fest. Die wandlungsfähige, mitunter spielerische Klangsprache des Albums ist zudem geprägt von warmen Timbres, die in manchen Variationen zugespitzt oder gebrochen werden, und von vielen unvorhersehbaren Wechseln. Es gibt lyrische Momente und kraftvolle Melodien, rhythmische Phrasierungen und Improvisationen. Frida nimmt sich die Freiheit zu einer ungewohnten Vielfalt, die in den vergangenen zwei Jahren viel Beifall bekommen hat. „Bei unseren Konzerten merken wir immer, dass wir nicht nur Jazzfans ansprechen, sondern durch die vermeintlich vertrauten Songs auch Anknüpfungspunkte für ein Pop-Publikum bieten – welches sich dann begeistert auf unsere Variationen einlässt“, sagt Ehninger.

Die stilistische Spannweite reflektiert die unterschiedlichen Persönlichkeiten des Quintetts. „Freedom of Flight vereint nicht nur Songs und Texte aus unterschiedlichen Epochen und Lebensabschnitten“, konstatiert Mascha Corman, „sondern auch die Perspektiven und Vorlieben der einzelnen Bandmitglieder.“ Und Drummer Jeroen Truyen ergänzt: „Frida ist ein Kind der 90er Jahre. Sie verarbeitet die prägende Musik aus ihrer Jugend und ihre Emotionen dazu.“

Eine derartige Hommage kann nach hinten losgehen, wenn sie in Schwelgerei oder gar Nostalgie erstarrt. Nichts dergleichen ist bei Frida zu erkennen, stattdessen aber ein entschlossener Gestaltungswillen. Selbst aus Gassenhauern wie Baby One More Time und Time After Time schlägt das Quintett ungeahnte neue Funken. Britney Spears‘ Hit verwandelt sich durch überraschende Brechungen und minimalistische, wiederkehrende Wortfetzen im Unisono der Sängerinnen vom verträumten Teeniesong zur ironisch gebrochenen Verabschiedung. Und Time After Time besticht (angelehnt an das Arrangement von The Bad Plus) durch rhythmische Raffinesse, komplexe Stimmführungen und nachdenkliche Ausstrahlung.

Souverän setzen Mascha Corman, Sara Decker und Julia Ehninger ihre versierte Gesangskunst ein und verzichten dabei bewusst auf jedes dramatisierende Pathos oder vordergründig auftrumpfende Stimmgewalt. Lieber beeindrucken sie mit subtilen Nuancen und mal fragilen, mal kraftvollen Details. Dazu gehören die loop-ähnlichen Repetitionen in Ehningers Arrangement von Baby One More Time, seidig schimmernde Klangfarben in ihrer Komposition zu Emily Dickinsons Gedicht Have You Got A Brook…, der Wechsel von Choral-ähnlichem Intro, eingängiger Melodik und komplexer Rhythmik sowie einem kunstvoll „ge-scrachten“ Solo Mascha Cormans bei You Cover Yourself. Noch mehr auf Kontraste setzt The Realm Of You (Musik Theo Bleckmann), wenn Corman über harmonische Linien und schabendem Bass mit irrlichterndem Kratzen, Knirschen, Quietschen und ähnlichen Lautmalereien erneut ihr Faible für erweiterte Vokaltechniken im Stil Sidsel Endresens offenbart.

Das Thema Freiheit findet sich in einigen der ausgewählten Songtexte, ebenso wie Motive von Hoffnung und Vergänglichkeit. Mascha Kalékos Kein Kinderlied, zu dem Sara Decker die Musik geschrieben hat, kreist um die bis heute aktuelle Sehnsucht nach Heimat, dem Gefühl des Fremdseins und einer inneren Leere. Julia Ehningers You Cover Yourself beschäftigt sich ausdrücklich mit dem Zeitgeist, symbolisiert durch einen Menschen, der andere verachtet, um seine Angst und seinen Selbsthass zu lindern.

Die „Freiheit zu fliegen“, die Frida dem Gedicht Singing Lessons von Viacheslav Kuprianov entnommen und zu ihrem Leitmotiv gemacht hat, durchzieht das Album wie ein Ariadnefaden – mögen die Wege noch so verschlungen sein, weiß doch jeder stets genau, wo‘s langgeht. Alle Stücke der CD wurden vor dem Studiotermin in Konzerten weiterentwickelt, ausgefeilt und auf den Punkt gebracht. Kein Wunder, dass die Aufnahmen nun gleichermaßen durch Präzision und Lebendigkeit beeindrucken. Die Wechsel von eleganten Facetten und unkonventionellen Ausdrucksformen, das interaktive Setzen und Weitergeben von Impulsen in offenen, improvisierten Passagen (beispielsweise in Kein Kinderlied), die Spannweite von zärtlichen Passagen bis zu abstrakten Expressionen macht Fridas Freedom of Flight zu einem spannenden Album mit Strahlkraft über Deutschlands Grenzen hinaus.

Mascha Corman studierte Jazzgesang und Komposition an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln und der Hochschule der Künste in Bern. 2017 erhielt sie das Hochbegabten-Auslandstipendium des Landes NRW und residierte in Paris, Oslo, New York
Sara Decker studierte Jazzgesang am Konservatorium Maastricht und New York und absolvierte, unterstützt durch Fulbright, ihren Master an der Manhattan School of Music u.a. bei Gretchen Parlato und Theo Bleckmann. 2017 erreichte Decker den zweiten Platz bei der Montreux Jazz Voice Competition, 2018 spielte sie dort das Eröffnungskonzert für das Chick Corea Trio. Ihr Debütalbum Long Distance erschien 2017. Neben ihrer Arbeit als Bandleaderin, Komponistin und Sängerin ist Decker als Haupt- und Backing-Sängerin in verschiedenen Projekten aktiv. Seit 2019 ist sie Teil des Ensembles Stationen IV: Stimmen aus NRW, das sich der Interpretation zeitgenössischer Kompositionen mit stilistisch divergenten Stimmen verschrieben hat. Im September 2020 veröffentlichte sie ihr zweites Album poetryfied mit ihrem Kölner Quartett.

Julia Ehninger studierte an den Hochschulen Weimar und Stuttgart und ging anschließend nach New York, wo sie an der Manhattan School of Music von Gretchen Parlato und Theo Bleckmann unterrichtet wurde. Sie war Stipendiatin der Stiftung der Deutschen Wirtschaft und wurde mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und der Anna Ruths Stiftung ausgezeichnet. 2019 hat Ehninger ihr zweites Album Hidden Place auf Berthold Records veröffentlicht, auf dem sie zeitgenössischen Jazz mit experimentellen und populären Elementen vereint.

Conrad Noll begann im Alter von acht Jahren zunächst mit klassischem Cellounterricht. Später wechselte er zum Kontrabass und studierte an der HfMT in Köln. Die Lust am Experimentieren ließen ihn vor 3 Jahren das Cellospiel fortsetzen, nun jedoch im Jazz-Kontext. Als Bandleader ist Noll u.a. mit seiner Formation My Little Cello präsent, mit der er seine Klangvorstellungen vom Cello als Melodieinstrument im Jazz umsetzt. Sideman ist er mit beiden Instrumenten in zahlreichen Besetzungen und hat besonderen Spaß an einem weitem stilistischen Spektrum: Breit gefächert von traditionellem Jazz bis hin zur ganz frei improvisierten Musik.

Jeroen Truyen studierte am Konservatorium in Maastricht und zog 2014 nach New York, um sein Studium an der New School for Jazz and Contemporary Music fortzuführen. 2015 gewann er mit der Sara Decker Group in Italien den European Jazz Award bei der Tuscia Jazz Competition. 2016 war er Finalist bei der Lee Ritenour‘s Six String Theory Competition. Truyen tourt regelmässig mit dem algerischen Gitarristen Djamel Laroussi, George McRae oder dem spanischen Saxofonisten Kike Perdomo. Darüber hinaus arbeitet er für Theater- und Orchesterprojekte und Musicals in den Niederlanden und Deutschland.

Label: Jazzsick Records
Katalog Nr. 5135 JS
Vertrieb: Membrabn

Besetzung:

Mascha Corman (voc)

Sara Decker (voc)

Julia Ehninger (voc)

Conrad Noll (b)

Jeroen Truyen (dr)

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