Schimmer

Fabian M. Mueller BERG

„Schimmer“

VÖ-Datum: 27.09.2024

Zuzeiten in trüben und dunklen Nächten hört man das Weinen. Es sind die Tränen der Diala. Trauer legt sich über das Tal. Man hört auch den Hirten, den undankbaren Dummkopf mit seinem Horn. Doch er bläst es nicht mehr, sein Herz ist betrübt. Auch die Erzählerin dieser alten Geschichte schweigt und verweilt bei den Worten, die sie in einem Tal nicht allzu weit von hier gefunden hat. In diesem Tal heisst Diala Fee und Berg Muntogna. Im Hintergrund spielt eine Band ein paar Takte weiter, der Schlagzeuger hat Büschel in den Händen, Kontrabass und Tasten nicken sich ab – 2020: Die blaue Platte drehte noch auf dem Teller, gerade noch hatte man nach Norwegen telefoniert und sich über die Umstände erkundigt, eben waren doch Leute zum Konzert gekommen. Mueller hatte Bauchweh. Mueller wusste nicht recht. Manchmal hatte er kein gutes Gefühl für morgen, manchmal hatte er Angst vor übermorgen. Schaute stundenlang leer ins Fenster. Auch der Gurten ist ein Berg. Ein Scheissberg, wenn es einem schlecht läuft, wirft er einen Viertausendmeterschatten. Im Hintergrund flüstert Mueller die Geschichtenerzählerin von der Diala da Muntogna zu. Zeit. Nur Zeit. Für eine Zeit lang. Zur gegebenen —

Elani. Fabian, Elani ist gestorben. Das Kind von Freunden, dieses leuchtende Kleine war eines Tages nicht mehr da. Mueller, der im Gurtenschatten hockte und Bauchweh hatte und nicht recht wusste, setzte sich hin und erfand dem Kind eine Melodie. Er war verdutzt. Wie leicht die Melodie klang und wie lebensfroh. Fast wie das Thema im Vorspann einer vertrauten Fernsehserie, die sich in vielen Staffeln über Jahrzehnte weitererfinden würde, die den Menschen in ihren Stuben immer neue lustige Geschichten zu erzählen hätte. Das machte etwas mit Mueller, der sich mit den Bergen und Tälern auskannte. Der vom Alpstein her gekommen war, die städtische Musikwelt zwar im Sinn, aber im Hintergrund: die Geigen, die Trachten, das Vech. Das Blech des Vech läutete in seinen Ohren. Er erinnerte sich wieder an die Musik der Berge: Wie sie es schaffte, das Schwere und das Leichte zu sein, ohne das eine oder das andere über den Horizont zu jagen. Mueller meldete sich bei der Geschichtenerzählerin, die von den Dialas weiss und den Berg Muntogna nennt, Mueller rief das Schlagzeug und den Kontrabass an. Dann erkundigte er sich nach der Telefonnummer von einem alten Meister, den sie einmal fast aus dem Dorf gejagt hätten, weil er die aberwitzigsten Ideen aus dem Hackbrett schlug und so seltsam jodeln konnte, dass es dem Dorf nicht immer geheuer war.

So war das vielleicht, oder ganz ähnlich, wie es Mueller fast den Schirm zugetan hätte und wie es ihm in den Ohren zu läuten begann. Berg und Tal, die billige Metapher nicht wert, sind sie Rätsel geblieben, furchtbar schöne, steinalte Rätsel. Text: Mirco Schwab

Label: Anuk Label
Katalog Nr.: ANUK0055
Vertrieb: anuklabel.com

Besetzung:

Fabian M. Mueller   (Piano, Synths, Harmonium, Fender Rhodes, Gitarre,
Perkussion, Vocals, Fieldrecording)

Kaspar von Grünigen   (Kontrabass, Gitarre, Mandoline)

Emanuel Künzi   (Drums, Gitarre, Perkussion)

Noldi Alder   (Vocals, Hackbrett)

Corin Curschellas   (Vocals, Dulcimer)

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