Mimanee

Mimanée

„The Invisible Will Remain“

VÖ-Datum: 26.06.2022

Ein ziemlich neuer Bandname, eine ungewöhnliche Besetzung, ein Debütalbum: Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass es sich bei Mimanée um Newcomer handelt. Beim Hören wird aber schnell klar: dem ist nicht so. Zwei in vielen Stilen erfahrene Instrumentalisten und eine ausdrucksstarke Sängerin aus Freiburg kreieren feinsinnige Klänge und fließende Grooves, Melodien von eigenständiger Schönheit und sensible Improvisationen. Gekleidet in transparent-luftige Arrangements, vermitteln die Songs von The Invisible Will Remain beseelte bis hintergründige Stimmungen. Viele Töne und Harmonien des warmherzigen Albums gehen gut ins Ohr, manche Stücke wie das theatralisch angehauchte, expressive „Goblin“ sowie die improvisationsfreudigen Titel „Snow In May“ und „Popzong“ tragen ein wenig kantigere Züge.
Mit ihrer unkonventionellen Kombination aus wendiger, volltönender Stimme, farbenreichen Holzblasinstrumenten und Marimba lassen Mimanée ebenso wie in ihren Kompositionen Stereotypen hinter sich. Was unter anderem mit den Biografien der Beteiligten zu tun hat, doch dazu weiter unten mehr. Der gemeinsame Nenner ist Jazz, die vielseitigen Stücke auf The Invisible Will Remain lassen darüber hinaus auch andere Einflüsse und individuellen Gestaltungswillen erkennen. Die souveräne Abgeklärtheit des Trios ist sich der besonderen Kraft zurückhaltender Klänge und Zwischentöne sehr bewusst. Hier braucht niemand etwas beweisen, schon gar nicht sein (oder ihr) gebündeltes Können ständig in überbordenden Soli präsentieren. Schließlich können gezielte Reduktion und pointierte Dynamik ebenso große Intensität entwickeln. Zum klugen Konzept gehört auch, dass Neele Pfleiderers Stimme nicht durchgängig als Gravitationszentrum „anführen“ muss.

Ein Schlüsselsong, auch für die Entstehung der Band, ist „The Beauty Of Less“, das am Anfang des Albums steht. Nachhaltig inspiriert von einem Konzert des Norma Winstone Trios, schrieb Matthias Stich (Träger des Jazzpreises Baden-Württemberg 1993) die Musik dieses Stücks. Sein Konzerterlebnis wurde darüber hinaus zu einem wichtigen Impuls für das Trio. Gut die Hälfte des Album-Repertoires ist in jüngerer Zeit entstanden, andere Kompositionen spielt die Band schon länger live. „Alle Stücke haben eine Entwicklung erlebt, vor allem hinsichtlich der Produktion“, erklärt Neele Pfleiderer, „The Winding Path“ und „The Invisible Will Remain“ haben wir ganz neu ausgearbeitet, verbunden mit Texten, die ich dazu geschrieben habe.“ Mit Blick auf kommende Konzerte fährt sie fort: „Der frischste Titel ist „Snow In May“, er bietet noch einiges Veränderungspotenzial für die Zukunft.“ Auch während der drei Studiotage ging die Band mal spontan, mal akribisch mit ihrem Material um. „Wir hatten vorher drei Konzerte gespielt und waren daher relativ entspannt. Bei „Komm schon!“ und „Beneath An Evening Sky“ genügte uns bereits der erste Take, bei „Skajedo“ haben wir dagegen das Arrangement noch mal stark geändert.“

Vor rund fünf Jahren trafen sich Michael Kiedaisch, Matthias Stich und Neele Pfleiderer (unlängst mit dem Preis des Zeltmusikfestivals Freiburg 2022 ausgezeichnet) zu ersten gemeinsamen Proben. Davor (ab 2007) waren die beiden Musiker als Duo Mallets & Reeds unterwegs, weiterhin trat Stich mit der damals noch in Freiburg ansässigen Sängerin Julia Pellegrini (Les Brunettes) ebenfalls als Duo auf. Die beiden luden zunächst Kiedaisch zum Mitmachen ein, etwas später erfolgte der Einstieg Pfleiderers. Wegen ihres vergleichsweise wärmeren, dunkleren Timbres und größeren Tonumfangs wechselte Michael Kiedaisch vom Vibraphon zur Marimba, deren Holz-Platten erdiger, aber auch wesentlich trockener klingen. „Das war für mich anfangs eine gewisse Herausforderung“, erinnert sich Neele Pfleiderer, „weil ich plötzlich keine fülligen, länger stehenden Töne mehr hatte, in die ich mich reinlegen konnte.“ Die unterschiedlichen Kompositions-Ansätze motivierten das Trio umso mehr. Stücke aus Stichs Feder erwiesen sich, so Pfleiderer, als „etwas sängerischer gedacht“, während Kiedaisch mit zuweilen komplexen Details, darunter ungewöhnlichen Intervallen, auf die versierte Flexibilität von Pfleiderers Stimme setzt.

Die Texte der Songs hat Neele Pfleiderer teils selbst geschrieben, teils ausgesucht. Mit der suggestiven Kraft metaphorischer, assoziativer Worte möchte sie „nicht zu viel vorweg nehmen, weniger wissende Antworten geben, sondern lieber Fragen stellen. Etwa indem ich verschiedene Perspektiven ausleuchte, von denen aus man die Dinge betrachten kann.“ Dass es dadurch, zumal bei substantiellen Themen, schnell tiefgründig werden kann, gefällt der Autorin und Sängerin. Zumal die Texte mit ihrem persönlichen Ausdruck, neben allen musikalischen Facetten, einen essentiellen Teil der Band ausmachen. Manche lassen sich auch als Reflexionen über das Zeitgeschehen lesen, beispielsweise „Komm schon!“ als Parabel auf gesellschaftliches „schneller, höher, weiter“. Pfleiderers roter Faden ist, „nicht in der Nachdenklichkeit oder gar Melancholie zu versinken, was bei manchen Themen vielleicht der erste Gedanke wäre. Sondern nach Auswegen zu suchen, dem Licht am Ende des Tunnels entgegen zu gehen, selbst wenn das Leben nicht immer gerade läuft.“

Als Namensgeber des Albums hätten sich gleich mehrere Songtitel angeboten, sagt Pfleiderer, etwa The Beauty Of Less oder The Winding Path. Dass es letztlich The Invisible Will Remain wurde, resultiert auch aus ihrer grundsätzlichen Überzeugung, dass im Ungewissen die größte Spannung liegt. „Der Text des gleichnamigen Songs ist tatsächlich der poetischste von allen“, verrät sie, „es geht um eine endlose Suche, wobei das Objekt der Suche, nämlich Frieden, Hoffnung und Freiheit, lange offen bleiben.“

Label: ZeytmusikEdition
Katalog Nr. ZME021-1
Vertrieb: Zeytmusik

Besetzung:

Neele Pfleiderer   (voice, percussion)

Matthias Stich   (bcl, as, ss)

Michael Kiedaisch   (marimba, perc, whistling)

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